Atlas der unentdeckten LänderNach Marco Polo, Kolumbus und Vasco da Gama geht der nächste große Entdecker auf Reisen. Dennis Gastmann erkundet die letzten unentdeckten Länder dieser Welt: Akhzivland, Karakalpakstan, R’as al-Chaima – magische Orte, fern, unbekannt oder vergessen.

So steuert Gastmann an Bord eines Seelenverkäufers auf Pitcairn zu, einen Felsen in der Südsee, auf dem die Nachfahren der Meuterer von der Bounty leben. Sie bitten ihn, für immer zu bleiben – es fehlt an jungen Leuten. Er wandert durch die tausendjährige Mönchsrepublik auf dem Berg Athos, in der Touristen unerwünscht sind, Frauen ein Skandal – die bärtigen heiligen Männer wollen unter sich bleiben. Gastmann taucht mit einem Rudel Haie in Palau, der weltweit ersten Haischutzzone, und sucht nach Liebe in Transnistrien, einem Mafiastaat, der Besuchern rät: «Fahren Sie lieber nach Spanien!»

Er gerät in Wüstenstürme, strandet tagelang in einem Flughafenterminal und wird zum letzten Kaiser von Ladonien gekrönt …
Dennis Gastmann begibt sich auf eine Reise zu den Ausläufern unserer Zivilisation. Wie sieht es dort aus? Wie lebt man dort? Und was sagt das über den Rest unserer durchorganisierten Erde? Eine aufregende Mischung aus Douglas Adams und Herodot – und ein einzigartiges Reiseabenteuer.

Dennis Gastmann 3Leseprobe:

This is a nasty piece of water», knurrte Nigel, als wir Mangareva verließen und der Wind jäh von Backbord blies, «jetzt reiten wir den Wal.» Der Abend schmeckte nach Diesel, Messer und Gabeln klirrten über das Deck, und die Claymore legte sich so verflucht auf die Seite, dass uns war, als könnten wir durch ihre Luken direkt in den Schlund der Ungetüme blicken, die in den Wogen lauerten. Allein darum bemüht, die Mahlzeit bei uns zu behalten, klammerten wir uns mit Händen und Füßen an den Esstisch.

Und Nigel? Er saß da wie ein Buddha, nur mit einem Handtuch bekleidet, wischte sich Reste aus dem Bart und erzählte von dem Berber, der sich auf einer Antarktis-Expedition selbst den Blinddarm entfernte.

Manchmal frage ich mich, zu welcher Spezies der Reeder gehörte. War Nigel wirklich für ein Leben an Land geschaffen? Oder musste man ihn zu den Seewesen zählen, weil Meerwasser in seinen Pupillen schwappte? Die Furchen in seinem Gesicht – Zeichen des Alters oder Spuren der Kämpfe mit Netzen und Harpunen – verrieten viel über einen Mann, der schon jedes Gefühl erlebt hatte, das Mensch und Tier kannten. Bis auf eines.

Niemand außer Nigel wagte die Passage: Das Ziel unserer Reise lag dort, wo Götter und Dämonen ungestört bleiben wollen. Wir steuerten auf eine Insel an den fernen Ausläufern unserer Zivilisation zu, einen Felsen, der so weit von allen Erdteilen liegt, dass es absurd wäre, ihn irgendeinem Kontinent zuzuordnen. Dort, so sagen Schwärmer, ziemlich genau in der Mitte des Pazifischen Ozeans, werden die Träume der Menschheit geboren. Und dort, so sagen Spötter, werden sie auch wieder begraben. Es ist der entlegenste Ort auf dem Globus. Die Mutter aller unentdeckten Länder. Wer noch weiter reisen will, muss in eine Mondrakete steigen. Vor den halbblinden Fenstern der Claymore, die im Seitenwind ächzte und aufjaulte wie eine sterbende Kreatur, wechselten Himmel und Wasser im Takt weniger Sekunden, so sehr wand sich der kleine Frachter in den Wellen. Auf den Horizont zu blicken soll das beste Mittel gegen Seekrankheit sein, doch was, wenn er wie ein Pendel durch das Sichtfeld schwingt? Unter den Passagieren war keine glückliche Seele mehr.

Nur Nigel lächelte ab und an, und verzog sich seine Miene sogar zu einem Lachen, dann funkelte und blitzte es im Schein der Neonröhren. Sein Boot ist für gerade ein Dutzend Gäste ausgelegt, aber hätte er sich je an Regeln gehalten, er hätte sich niemals beide Zahnreihen vergolden lassen können.

Zweiundzwanzig Frauen und Männer hatte er an Bord genommen, fast doppelt so viel, wie ihm erlaubt war, und obwohl wir uns zwängten, quetschten und drängten, verlangte er den vollen Preis – fünftausend Dollar für die Überfahrt auf einem Kahn, der sich leidlich über Wasser hielt. Dafür hätte jeder von uns einen ganzen Monat quer durch die Karibik kreuzen können, Champagnerpyramide und Lavakuchen inklusive. Wir hätten zehn Pfund zugenommen, mit betuchten Witwen, Gentlemen Hosts und anderen Scheintoten 13 «Bingo!» gerufen, wären nach der Polonaise, sieben Planter’s Punch und einer zweifelhaften Cats-Interpretation auf dem Shuffleboard ausgerutscht und zur Krönung der Nacht in unseren geliehenen Smokings arschlings in den frisch gechlorten Kinderpool gestürzt. Es hätten vier wundervolle Wochen werden können.

Stattdessen bekamen wir eine fensterlose Kabine, die wir uns mit Fremden teilten, einen Eimer, den wir uns ebenfalls mit Fremden teilten, und pünktlich zum Morgengrauen weckte uns längst Verflossenes, das in den Waschbecken der Räume aufstieg und sich auf den Teppich ergoss. Das einzige Abendentertainment bescherte der Schiffskoch, wenn er versuchte zu servieren. Sobald die Claymore in ein Tal fiel, hastete er herbei, um einen Teller Suppe abzusetzen, bevor uns die nächste Welle erwischte. Die Kunst bestand darin, See- und Suppengang so zu synchronisieren, dass man a) nichts verschüttete und b) sich nicht den Hals brach. Manchmal allerdings erreichte er unseren Tisch nicht rechtzeitig, und Neptun schleuderte den armen Kerl mit vollen Tellern zurück in die Kombüse.

Das amüsierte besonders die drei mit den Nikons und den auberginefarbenen Fleecejacken, die eigentlich zu viert waren. Andy, der Hagerste von allen, hatte nur einen eiligen Blick auf seine Mahlzeit geworfen, sich danach genauso eilig in seine Koje verzogen und dabei nicht den Anschein erweckt, als würde man ihn heute noch wiedersehen. Die drei lustigen vier sahen aus wie britische Ornithologen.

«Wir sind britische Ornithologen», sagte Sarah, die einzige Lady zwischen Andy, Neil und Paul, und natürlich war das eine Lüge. Jeder von ihnen hätte abgestritten, dass er in Wirklichkeit einer international operierenden Spezialeinheit angehörte.

Sarah war die Späherin. Tagsüber, wenn uns Delfine und fliegende Fische begleiteten, verbarg sie sich im Schatten eines Kühlaggregats auf dem Achterdeck und nahm Fregattvögel ins Visier, die hungrig über dem Gischtwasser segelten. Entweder waren diese Geschöpfe lebensmüde oder vom Glück behütet. Obwohl sie mit ihren verkürzten Beinen und den grotesken, übergroßen Schwingen niemals hätten schwimmen können, jagten sie über dem offenen Meer, Hunderte Kilometer fernab jeden Festlands, ohne von der See gefangen und verschluckt zu werden.

Fazit: Immer spannend, oft unglaublich, ein Buch zum Träumen von unentdeckten Reisezielen und zum Reisen in Gedanken – also phantastisch im Besten Sinne des Wortes. Unbedingt Lesen!

Dennis Gastmann 2Dennis Gastmann , geboren 1978, studierte Politik und Journalistik in Hamburg und war Autor der Satiresendung «extra 3». 2011 erschien sein vielgelobter Band «Mit 80.000 Fragen um die Welt», danach folgten «Gang nach Canossa» (2012), eine abenteuerliche Wanderung von Hamburg über die Alpen bis nach Italien, und «Geschlossene Gesellschaft» (2014), eine Exkursion in die Welt der Superreichen. Viele Jahre reiste er als Reporter und Filmemacher für die Auslandsmagazine der ARD um den Globus, seine Dokus wurden mehrfach ausgezeichnet und dreimal für den Grimme-Preis nominiert.

Zur Homepage vom Rowohlt Verlag geht es HIER.

Das sagt die Presse:

Der Medienjournalist Stefan Niggemeier schreibt: „Gastmann ist ein außergewöhnlicher Reporter, der uns nicht als Wissender, sondern als Fragender durch die Welt führt. Es sind liebevoll komponierte Reportagen aus fremden Welten – die auch gleich nebenan liegen können.

Das sagen Leser:

Dennis Gastmann hat genug vom Massentourismus und begibt sich auf die Suche nach Reisezielen, die bisher noch unentdeckt geblieben sind. In seinem Buch erzählt er in seinem ganz eigenen witzig spritzigen Stil, was ihm widerfährt und jedes einzelne Kapitel beherbergt Abenteuer der speziellen Art. Er lernt Buckelwale und Riesenschildkröten kennen, taucht mit Haien und darf das Leben auf dem Berg Athos kennenlernen. Er trifft Taxifahrer, die keine Karten lesen können, fliegt mit „Air Maybe“ (der Name ist Programm, weil sie nur vielleicht ankommt), wird zum letzten Kaiser von Ladonien gekrönt und trifft auf die Nachfahren der Meuterer von der Bounty. Und das sind nur ein paar Ausschnitte seiner faszinierenden Reisen.

Gastmanns Reisebeschreibungen lassen sich formidabel lesen. Sein Stil ist unaufdringlich, ungewollt komisch und manches Mal etwas überzogen bzw. märchenhaft, aber immer situativ passend. Letzteres mag wohl auch daran liegen, dass alle ausgewählten Reiseziele auf ihre ganz spezielle Art und Weise exotisch und skurril sind.

Dieses Buch ist wirklich eine Bereicherung für jeden wissbegierigen, weltoffenen und reiselustigen Leser. Der Autor schreibt so flüssig und locker und eröffnet uns Lesern mit seiner erstaunlichen Beobachtungsgabe über manche Kleinigkeiten einen unglaublichen Einblick in Welten die uns normalen Touristen, die wir solche unbekannten Ziele nicht auf unserer persönlichen Landkarte haben. Ein Buch, das ich gerne weiterempfehle. Schön hätte ich vielleicht noch ein wenig Kartenmaterial oder Hintergrundinfos zu den vorgestellten Ländern, Inseln und Orten gefunden…

[wc_box color=“secondary“ text_align=“left“]

Atlas der unentdeckten Länder

Klappentext

Nach Marco Polo, Kolumbus und Vasco da Gama geht der nächste große Entdecker auf Reisen. Dennis Gastmann erkundet die letzten unentdeckten Länder dieser Welt: Akhzivland, Karakalpakstan,        R’as al-Chaima – magische Orte, fern, unbekannt oder vergessen.

Details

  • ISBN: 978-3-87134-825-9
  • Autoren: Dennis Gastmann
  • Verlag: Rowohlt Verlag
  • Erscheinungstermin: 15. April 2016
  • Umfang: 267 Seiten
  • Sprache: Deutsch
  • Gewicht: 352g
  • Maße (L*B*H): 21cm * 13,4cm * 2,4cm
  • Preis: 19,95 Euro
  • Gebunden

[/wc_box]

Gleich unverbindlich reservieren mit unserem GEOBUCH-Service CLICK & COLLECT.

Ähnliche Beiträge